„Als mir meine Ärztin all diese Begriffe hilfreich zur Beschreibung meiner gesundheitlichen Lebenssituation zur Verfügung stellte, fühlte ich mich sehr schnell überfordert. Was läuft falsch? Es geht mir doch eigentlich gut! Die erläuternden Worte der Ärztin, dass sich ohne eine Lebensumstellung der Faden meines aktiven Lebens sehr schnell verkürzen würde, war ein Weckruf an mich selbst. Hilfreiche Tipps, dass da noch etwas zu retten ist folgten natürlich, und das war sehr Ernst zu nehmen.“
Guido Mitschke, der Gründer von Streethunt, kennt die Situation genau, in der sich auch viele andere befinden. Eingespannt zwischen Arbeit und Familienleben bleibt oft nicht genug Zeit, etwas für sich selbst zu tun. Und als er dann nach einem Unfall noch mit einer schweren Verletzung zu kämpfen hatte wurde es nicht besser.
Nicht einen Menschen hat es gegeben, der noch Anfang 2017 gewettet hätte, dass er es schaffe, in diesem Jahr einen Marathon zu gehen - doch Ende Oktober war es vollbracht: An einem windigen Sonntag hat er die Strecke von Bergedorf über Zollenspieker, Rothenburgsort nach Eilbek zurückgelegt. 42,1 km. Für die Nachahmung sollte man sich vielleicht doch eine längere Vorlaufzeit gönnen, es zeigt aber, wie weit Fitness gehen kann.
Streethunt: Guido, wie kamst Du auf die Idee mit der Streethunt-App?
Guido: Also der Reihe nach: Die Erläuterung dieses dramatischen Urteils meiner Internistin führte dann unweigerlich zur Erkenntnis, dass es vielleicht ganz einfach sein kann, meine Lebensqualität durch mehr Bewegung und gesündere Ernährung zu verbessern. Beides führt dann unweigerlich dazu, dass ich abnehme, mich dadurch viel wohler fühle und das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall relativ schnell deutlich sinkt.
Streethunt: Hat die Warnung Deiner Ärztin dir Angst gemacht?
Guido: Herzinfarkt und Schlaganfall sind die Begleiterscheinung aus den oben beschriebenen Krankheitsbildern und stellen die wohl häufigsten Todesursachen in der "modernen" Zivilisation dar. Doch ich wäre nicht ich, wenn ich dies nicht selbst als Herausforderung begreifen würde, also stellte ich mich genau dieser Aufgabe: Mehr Bewegung, gesündere Ernährung. Meine Ernährungsumstellung wäre auch mal ein Thema, aber hier auf Streethunt hat die Bewegung die größere Priorität: Also, mindestens 3 mal pro Woche das Haus, den Schreibtisch verlassen und rausgehen. Gerne mal den Blutdruck etwas strapazieren und ein wenig Strecke machen und Kalorien verbrauchen. Das war die Aufgabe....
Streethunt: Und dann kam´s wie´s kommen musste?
Guido: Der erste Versuch, mich mehr zu bewegen, war für ein paar Tage, einfach mal "um den Block" zu gehen. Die Alster ist nah, also da hin... und wieder zurück. Sehr schön, insgesamt 4 km auf dem vorhandenen Schrittzähler: Eine ordentliche Leistung und mithin 3,5 km mehr, als ich sonst am Tag zurück gelegt habe.
Am nächsten Tag: Wieder zur Alster. Hin. Schiffe gucken und wieder zurück. Dann wieder... ...und wieder. Nicht schlecht! Aber langweilig!
Am Wochenende dann Spitzenwetter (und das in Hamburg!). Aus dem Fenster geguckt, Sonne scheint und zur Liebsten gesagt: "Lass uns spazieren gehen!" Also wieder Richtung Alster, das x-te Mal in der letzten Zeit. Und dann die Eingebung: "Wetten, daß ich es schaffe, ALLE Straßen Hamburgs abzuwandern?!"
Streethunt: Alle Straßen einer Großstadt, das ist natürlich ein großes Ziel. Wir wolltest du da rangehen?
Guido: Erstmal geht man natürlich dort hin, wo man eine schöne Umgebung erwartet. Wir hatten so viel Spaß auf unserer kleinen Frühjahrstour entlang der Alster. Denn wir sind sofort nicht mehr nur die Wege gegangen, die alle Welt geht, sondern sind rein in die Nebenstraßen, dank google Maps und komoot auf dem Smartphone immer auf der Jagd nach dem optimalen Weg, um möglichst viele Straßen kennenzulernen.
Wir sahen ganz neue Winkel dieses Viertels, schöne Häuser, ein paar hässliche Gegenden. Interessante Locations, Parks, die keiner kennt, und die Zeit verging wie im Fluge. Der Schrittzähler jubelte, der Kreislauf auch und nach fast drei Stunden Wanderung hatten wir beide das Gefühl, nicht nur gehörig etwas für die eigene Gesundheit getan zu haben, sondern auch sehr viele interessante Eindrücke, ja fast Geschichten mit nach Hause genommen zu haben.
Streethunt: Soweit war es dann ja nur ein privates Projekt . . .
Guido: Aus dem leicht daher gesagten Wettangebot wurde dann ernst. Wie erstaunlich die Erkenntnis, wie groß die eigene Stadt ist, die man liebt und in der man lebt. ALLE Straßen abzuwandern - oder mindestens zu erreichen - scheint mir immer noch eine große Herausforderung. Etwa 8.800 Straßen und Brücken gibt es in Hamburg. Somit hat sich mein Ziel dann konkretisiert: Ich nehme mir vier Jahre Zeit, um die Wette einzulösen. Als Gewinn war vereinbart, körperlich fit zu werden und meinem Doktor mit erheblich besseren Blutwerten zu zeigen, dass ich verstanden habe...
Drum ging es in den folgenden Wochen weiter: Zunächst über klassische Routenplaner eine ungefähre optimale Strecke - nicht zu lang und nicht zu kurz - ausarbeiten, dann meist mit Bus und Bahn den Startpunkt erreicht und i.d.R. 2 - 2,5 Stunden hochinteressante Gegenden erkundet. Nicht immer alles schön aber eigentlich immer sehr spannend, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt. Auch wenn ich in meinem ganzen Leben bisher noch in keinem Fall als Sportler angesehen wurde - das "Laufen" (und vor allem die Wette, die sich mittlerweile herumgesprochen hat) wurde von Freunden und Bekannten sehr positiv aufgenommen. Es ist zwar nicht einfach, regelmäßig und tatsächlich die erforderliche Zeit für meine Wanderungen freizuschaufeln, aber man wächst ja an seinen Aufgaben und was Spaß bringt, fällt einem leicht.
Streethunt: Wann kam die Idee, dein Projekt als App allen zur Verfügung zustellen?
Guido: Nun stellten sich praktische Argumente jedoch schnell in den Vordergrund: Wie kann man denn herausfinden, ob ich tatsächliche alle Straßen einer Gegend erwandert habe? Wieviel meiner Aufgabe für Gesamt-Hamburg habe ich denn schon? Wieviel im Bezirk Wandsbek? Habe ich Eilbek als Stadtteil schon komplett? Habe ich irgendwo eine Straße übersehen?
Fragen über Fragen. Als u.a. Statistiker im Hauptberufsfeld also durchaus auch hier eine Herausforderung, die es zu lösen galt. Die Klassiker mit Excel & Co. sind zwar ein ganz guter Weg, aber die Zeit am Schreibtisch dafür würde ich ja lieber mit Bewegung verbringen....
Also musste eine App für mein Smartphone her. Den Markt gesichtet habe ich festgestellt, das es zwar ein Menge hilfreiche Tracking-Apps gibt, die meinen Weg durch die Stadt nachverfolgen können. Auch existieren eine ganze Reihe guter Sport-Apps, die in das Thema "Bewegung" einen Wettbewerb mit anderen Teilnehmern einer Community einbauen.
Streethunt: Die bestehenden Fitness-Apps waren nicht das, was du suchtest?
Guido: Nein, ich wollte eine App, die mich sicher durch meine Stadt führt. Die mir hilfreiche Tipps zu meinem aktuellem Standort einblendet und mir immer sagt, wie ich effizient meine Route abwandern kann. Ich brauche ein paar Statistiken über den Fortschritt, und eigentlich wäre es noch schöner, unterwegs von Zeit zu Zeit auch mal auf Gleichgesinnte zu treffen und mich - natürlich immer in Bewegung - über die schönsten Erfahrungen in meiner Stadt auszutauschen.
So eine App gab es bislang noch nicht, also nutzte ich die Zeit meiner Wanderungen immer häufiger auch dazu, ein kleines Business-Modell für die Erstellung einer solchen App und den dazugehörigen Services zu erstellen. Auch beseelt davon, mit meiner Idee weitere Menschen zu spannenden Touren durch Hamburg und andere Städte zu motivieren kam es dann zu einem konkreten Plan, dessen Ergebnis ihr hier vor Euch habt: Gemeinsam mit einem eng befreundeten Unternehmen auf der griechischen Insel Kreta mit professionellen Entwicklern stand schnell das technische Konzept.
Streethunt: Das war aber auch für dich als Unternehmer kein alltägliches Projekt
Guido: Die Finanzierung dieser Aufgaben zu sichern, ist zwar noch eine gewisse Herausforderung, aber ich bin überzeugt, dass neben dem Spaß an der Entdeckung der Heimatstadt auch die effektive und nachweisbare Verbesserung vieler gesundheitlicher Parameter der Benutzer des Services von Streethunt viele Menschen dazu bringen wird, einen kleinen regelmäßigen Beitrag zum Ausbau dieses Angebots zu investieren.